Rede von Conny Bergmann Friedenstreff-Stuttgart-Nord am 6.8.21 auf dem Schlossplatz

Liebe Friedensbewegte, liebe Passanten,

heute vor 76 Jahren zündeten die USA in Hiroshima die erste Atombombe über einer Großstadt. Drei Tage später, am 9.8.1945, mussten die Menschen in Nagasaki den gleichen Horror erleiden.

In den ersten 4 Wochen nach diesen Atombombenabwürfen starben 200 000 Menschen. Die meisten von ihnen verdampften oder verbrannten sofort in der atomaren Höllenglut. Unmittelbar unter dem Feuerball herrschte eine Temperatur von 6000 Grad. Noch in 2 km Entfernung ging Kleidung in Flammen auf. Zehntausende, die diesen ersten Moment überlebten, starben in der darauffolgenden Zeit qualvoll an ihren grauenhaften Verletzungen. Auch die Langzeitfolgen waren entsetzlich. Die verstrahlten Menschen litten an einer Vielzahl von Krankheiten. Noch 1978 – 33 Jahre später – war die Leukämierate in Hiroshima um das 15-fache erhöht um nur 1 Beispiel zu nennen.

Auswirkungen und Konsequenzen eines Atombombeneinsatzes (ICAN)

Aber – wie wir alle nur zu gut wissen – hindert dieses unbeschreibliche menschliche Leid die Mächtigen der Welt nicht daran, an dem Verbrechen der atomaren Rüstung festzuhalten. Der Atomwaffensperrvertrag enthält die Verpflichtung zur vollständigen Abrüstung der Kernwaffenarsenale. Aber das kümmert sie nicht.

Weltweit existieren heute 13 400 Atomsprengköpfe. 4000 davon sind sofort einsatzbereit. 1800 sind in höchster Alarmbereitschaft.

Mit der symbolichen Weltuntergangsuhr veranschaulichen Wissenschaftler, wie nahe die Welt an ihrer Zerstörung ist. Die Uhr steht auf 100 Sekunden vor Mitternacht.

Derzeit modernisieren die Atomwaffenstaaten Ihre Arsenale. Die Waffen sollen kleiner, intelligent und zielgenauer werden. Es taucht auch der Gedanke auf so werde ein Atomkrieg begrenzbar und damit führbar. Was für ein gewissenloser, verantwortungsloser, aber auch selbstmörderischer Wahnsinn.

  1. Waren die Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki auch begrenzt. Dieses Grauen darf sich nie mehr wiederholen.
  2. ist die Gefahr einer Eskalation, die zu einem weltzerstörerischen Atomkrieg führt, enorm.
  3. Auch wenn nur ein Teil der existierenden Atomwaffen zur Explosion kommt, werden große Mengen von Partikeln in die Atmosphäre geschleudert. Dies verringert die Sonneneinstrahlung dramatisch. Die Folge ist die atomare Nacht. Die Lebensmittelproduktion bricht ein. Es kommt zu Hungersnöten und entsetzlichen Verteilungskämpfen.
  4. wird hier die Logik der Abschreckung aufgegeben. Atomwaffen werden zur Angriffswaffe.

Über die sogenannte atomare Teilhabe ist auch Deutschland beteiligt. In Büchel in Rheinland Pfalz sind 20 amerikanische Atomwaffen stationiert. Diese sollen im Kriegsfall auf Befehl der NATO von deutschen Piloten nach Russland gebracht und über russischen Städten abgeworfen werden. Für mich macht die historische Schuld Deutschlands gegenüber Russland dieses Arrangement besonders unerträglich.

2010 hat der Bundestag die Regierung fraktionsübergreifend aufgefordert, für den Abzug der Atomwaffen einzutreten. 82% der Bevölkerung wollen das auch. Warum sind diese Waffen immer noch da !!! Zu alledem dringt AKK auf die milliardenschwere Anschaffung neuer Trägersysteme, neuer Atombomber. Dies würde die atomare Teilhabe auf Jahre zementieren. Die Entscheidung steht in der nächsten Legislaturperiode an.

Eine nicht zu übersehende Gefahr ist auch ein Atomkrieg auf Grund eines Fehlalarms. Mehrfach ist die Welt nur knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt.

Ein bekanntes Beispiel ist der 26. September 1983. Der sowjetische Oberstleutnant Stanislaw Petrow hatte nur wenige Minuten Zeit um die Meldung über eine anfliegende Atomrakete richtig einzuschätzen. Gott sei Dank hat er auf Fehlalarm entschieden.
Spacibo, Gospodin Petrow.

Auch im Hinblick auf solche Ereignisse brauchen wir eine Atmosphäre des Vertrauens, nicht der Russlandhetze und schon gar keine Überlegungen eines führbaren Atomkrieges. UND: Was wäre geschehen, wenn statt eines Menschen künstliche Intelligenz entschieden hätte. Die militärische Nutzung von KI und damit die Automatisierung des Tötens stellt eine neue, noch schrecklichere Dimension dar.

Alles bisher Gesagte zeigt wie unendlich wichtig die ICAN Kampagne zur Unterstützung des Atomwaffenverbotsvertrages ist. Dieser wurde 2017 von der Mehrheit der UN Mitgliedsstaaten beschlossen und trat am 22. Januar dieses Jahres in Kraft.
Auch wenn sich alle Atommächte sowie alle NATO Staaten – also auch Deutschland – weigern , dem Vertrag beizutreten, ist seine Signalwirkung nicht zu unterschätzen und in der Zivilgesellschaft wächst die Unterstützung:
Weltweit setzen sich die Bürgermeister von 717 Städten als Mayors for peace für die Abschaffung aller Atomwaffen ein.

In Deutschland haben Rheinland Pfalz sowie die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin die Bundesregierung zur Unterzeichnung aufgefordert. Für Baden-Württemberg laufen entsprechende Bemühungen. 54 Landtagsabgeordnete haben die ICAN Abgeordneten-
erklärung für den Vertrag bereits unterschrieben. Im Bundestag sind es 167 Unterzeichner.

Hören wir also nicht auf zu hoffen und uns einzusetzen für eine friedliche Welt ohne Atomwaffen

Unsere Forderungen an diese und die nächste Bundesregierung lauten:

  • Unterzeichnen Sie den Atomwaffenverbotsvertrag
  • Beenden Sie die nukleare Teilhabe
  • Fordern Sie die USA zum Abzug der Atomwaffen auf
  • Keine neuen Atombomber für die Bundeswehr
  • Verfolgen Sie insgesamt eine Politik der friedlichen Koexistenz und des fairen Ausgleichs mit allen Völkern.

Denn eine Großmachtpolitik ist Deutschland noch nie gut bekommen und in der Präambel unserer Verfassung heißt es: „vom Willen beseelt, dem Frieden der Welt zu dienen.“