Mittelstreckenraketen zwischen kaltem und heißem Krieg
Anfang Juli 2024 feierte die NATO in Washington ihren 75. Geburtstag unter Leitung des noch amtierenden US-Präsidenten Joe Biden. Angesichts weltpolitischer Krisen und Herausforderungen schloss das Bündnis sich enger zusammen und beschwor den Geist des Kalten Krieges, was sich in steigenden Militärausgaben und Aufrüstungsprogrammen niederschlug. Die Überraschung war groß, als Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande des NATO-Gipfels am 10. Juli 2024 eine deutsch-amerikanische Erklärung unterzeichnete, wonach ab 2026 in Deutschland landgestützte Mittelstreckenraketen (Long-Range Fires, LRF) der USA auf beweglichen Abschussrampen stationiert werden sollen, die Ziele tief in Russland treffen können (Deep Strikes). Vielfach wurden Erinnerungen an den Kalten Krieg wach und die Stationierung von Mittelstreckenraketen 1962 und 1983. Im INF-Vertrag von 1987 vereinbarten USA und Sowjetunion, landgestützte Mittelstreckenwaffen zwischen 500 und 5.500 km Reichweite zu beseitigen. Dies läutete das Ende des Kalten Krieges ein und weitere Schritte zur nuklearen Abrüstung. Am 1. Februar 2019 kündigte US-Präsident Donald Trump den INF-Vertrag, unmittelbar gefolgt von Wladimir Putin, was sechs Monate später in Kraft trat. Da sich geopolitische Konflikte zwischen den Nuklearmächten verschärften (insbesondere in der Ukraine), stehen ein neues Wettrüsten und die Gefahr eines Atomkrieges wieder auf der Tagesordnung. Die geplanten Mittelstreckenwaffen dürften hier eine wichtige Rolle spielen.